Die Große hat es ziemlich gut raus, mit einer Hand den Puppenwagen zu schieben und trotzdem genug Aufmerksamkeit für ihr Eis zu haben. ;-)
Da das Leben aus Herausforderungen besteht, wollte sie den normalen Weg meiden und über eine Stelle gehen, an der sich durch große Wurzeln die Steine und der Asphalt gehoben haben.
Früher hätte ich bestimmt gesagt, "Pass auf" oder "mach es lieber nicht ". Heute versuche ich mir solche entmutigenden und sinnlosen Sätze zu sparen. Auch wenn es meinem Mutterherz manchmal lieber wäre, sie würde sich für den einfachen Weg entscheiden.
Da stand ich also, ein paar Schritte entfernt und war gespannt, wie sie diesen Weg meistern würde, mit Eis in der einen und Wagen in der anderen Hand.
Hinter uns lief eine Spaziergängerin, ich schob den Kinderwagen noch ein Stück zur Seite , damit sie besser vorbei kommt. Doch anstatt weiter zu laufen nahm die ältere Frau meine große Tochter unter dem Arm und lenkte sie von dem Hügel herunter. Ohne ein Wort!
Meine Tochter und ich schauten uns völlig perplex an.
"Was war denn das?", schoss es mir durch den Kopf.
Doch bevor ich wieder in der Lage war etwas zu sagen, war die Frau schon weiter gegangen.
Also blieb mir nichts weiter, als meiner Tochter zu sagen, dass sie gerne den Hügel entlang laufen darf. Und das sie laut "Nein " sagen darf, wenn sie jemand anfasst und sie das nicht möchte.
Im Nachhinein tut es mir so leid, dass ich meine Tochter nicht vor diesem Übergriff beschützt habe. Denn genau das war es.
Ich glaube, die Frau hat es gut gemeint und überhaupt nicht über ihr Tun nachgedacht. Ich habe normalerweise nichts dagegen, wenn andere Menschen Kontakt mit meinen Kindern aufnehmen. Aber genau darin lag das Problem, meine Tochter hatte keinerlei Kontakt zu dieser Frau. Sie hat sie ja noch nicht mal kommen gesehen. Die Frau hat sie nicht freundlich angesprochen und gefragt, ob sie Hilfe braucht. Sie hat sie einfach am Arm dort runter genommen, weil es für sie wohl zu gefährlich aussah.
Aus meiner Sicht kann ich überhaupt nicht verstehen, wie man so über jemand bestimmen kann, den man noch nicht mal kennt. Ob sie es bei einem Erwachsenen auch so gemacht hätte? Wahrscheinlich nicht. Aber für mich haben auch Kinder das Recht, zu entscheiden, was sie sich zutrauen und was nicht. Und jeder, egal ob jung oder alt sollte die Möglichkeit haben, nein zu sagen. Gefragt werden, verbal oder nonverbal, ob er Unterstützung haben möchte. Und von seinem Gegenüber ernst genommen werden.
Ich finde es sehr schade, dass wir von unseren Kindern Respekt erwarten, ihnen diesen aber oft nicht gleichermaßen entgegen bringen.
Jetzt nach einigem nachdenken hätte ich dieser Frau so viel zu sagen und ich würde ihr gerne meine Sicht auf die Situation erklären. Leider weiß ich nicht, wer sie ist.
Aber in einem hat mich dieser kurze Augenblick bestärkt, meine Töchter in ihrer Entwicklung und in ihrem sich ausprobieren, so wenig wie möglich einzuschränken. Und sie auch darin zu unterstützen, sich Hilfe zu holen, wenn sie benötigt wird und sie dankend abzulehnen, wenn sie nicht erwünscht ist.